Amazon macht es seinen Verkäufern nicht gerade leicht, wenn es heißt, alle Geschäftsaktivitäten im Überblick zu behalten. So richtig verzwickt wird es, wenn Sie Ihre Waren im osteuropäischen Ausland wie Polen oder Tschechien deponieren oder am Amazon Programm "Paneuropäischer Versand" teilnehmen.
Der heutige Beitrag soll Ihnen als Amazon Seller eine Orientierungshilfe in Sachen Buchhaltung und Steuern bieten. Dies ersetzt jedoch keineswegs den Gang zu einem Steuerberater, den Sie in jedem Fall hinzuziehen sollten. Dies ist schon deshalb wichtig, weil sich Steuergesetzgebungen permanent ändern. Mit einem Steuerberater sind Sie daher auf der sicheren Seite.
Die Ermittlung des richtigen Umsatzsteuersatzes
Neben den notwendigen Pflichtangaben, die auf jede auszustellende Rechnung gehören, ist der passende Umsatzsteuersatz zu ermitteln. Dieser richtet sich nach mehreren Faktoren:
- Aus welchem Land wird die Ware versendet?
- In welches Land wird die Ware verschickt?
- Die Lieferschwelle
Unter Umständen, zum Beispiel, wenn Ihre "grenzüberschreitenden" Lieferungen eine bestimmte Summe (die Lieferschwelle) übersteigen, müssen Sie die Umsatzsteuer des Empfängerlandes zu Grunde legen und auch in diesem Land abführen. Hier ist es zudem wichtig, dass Sie den Überblick über Ihre Umsätze in den einzelnen EU-Ländern behalten.
Lagerland und Lieferschwellen
Lagerland und Ermittlung des Umsatzsteuersatz
Für die Ermittlung des Umssatzsteuersatzes ist das Lagerland entscheidend, also das Land aus welchem die Ware verschickt wird. Es kann sich dabei um ihr eigenes Land, zum Beispiel Deutschland, handeln oder, bei Nutzung des Versandes über eines der Distributionszentren von Amazon um dies sechs Länder:
- Deutschland
- Polen
- Tschechien
- Frankreich
- Spanien
- Italien
- Großbritannien
In Ihren Verkäuferkonto-Einstellungen können Sie zudem festlegen, wo Ihre Waren gelagert werden. Hier haben Sie drei Möglichkeiten:
- nur in Deutschland
- in Deutschland, Polen und Tschechien
- in allen EU-Ländern
Bei Option 2 oder 3 wird Ihre Ware aus einem ausländischen Warenlager heraus versendet und Sie werden in diesem Lagerland umsatzsteuerpflichtig. Somit müssen Sie ab dato den dort gültigen Umsatzsteuersatz zu Grunde legen, wenn keine Lieferschwellen überschritten wurden.
Lieferschwellen und deren Überschreitung
Somit ist nicht nur entscheidend aus welchem Land die Lieferung erfolgt, sondern auch in welches Land Sie Ihre Waren senden. Zugleich ist maßgeblich, wie hoch der gesamte Warenwert ist, den Sie bereits (außerhalb von Amazon) in das entsprechende Land exportiert haben. Wird eine bestimmte Summe an grenzüberschreitenden Lieferungen in ein EU-Land überschritten in einem laufenden Jahr überschritten, so greift die Pflicht der Berechnung und Abführung der Umsatzsteuer in das Empfängerland.
Zur Veranschaulichung dient die Tabelle
Empfängerland DE, LS nicht überschritten | Empfängerland DE, LS überschritten oder optiert | Empfängerland EU, LS nicht überschritten | Empfängerland EU, LS überschritten oder optiert | |
---|---|---|---|---|
Versand aus DE | DE 19 % | DE 19 % | DE 19 % | Umsatzsteuersatz des Empfängerlandes |
Versand aus EU (inklusive PL/CZ) | Umsatzsteuersatz des Lagerlandes | DE 19 % | Umsatzsteuersatz des Lagerlandes | Umsatzsteuersatz des Empfängerlandes |
Als Faustregel gilt: In den meisten Fällen können Sie den normalen Umsatzsteuersatz i.H.v 19% anwenden. Bei Büchern, einigen Medikamenten und Lebensmitteln findet der ermäßigte Steuersatz i.H.v. 7 % Anwendung. Daneben begegnen Ihnen auch Produktarten die ganz individuell in den einzelnen EU-Ländern besteuert werden. Dazu gehören zum Beispiel Nahrungsergänzungsmittel. So gilt für diese in Deutschland der Satz von 19 % und in Österreich dagegen von nur 10%. In Ihrer alleinigen Verantwortung als Händler liegt es, zu wissen, welchen Satz Sie anwenden müssen.
Die Erstellung der korrekten Rechnung
Als ordentlicher Kaufmann sind Sie zur Erstellung einer ordentlichen Rechnung verpflichtet. Diese Rechnung muss den Vorschriften des § 14 UStG entsprechen. Ob Sie dabei als anfänglicher Kleinunternehmer unterwegs sind oder nicht, spielt keine Rolle. Auch nicht, ob Sie zu Beginn nur nebenberuflich als Verkäufer tätig sind. Die Rechnung muss korrekt ausgestellt werden.
Im Falle der Lieferung von Waren, die in andere Länder erfolgt, müssen Sie als Händler beachten, dass die Beiträge in den entsprechenden Währungen auf der Rechnung ausgewiesen werden. Wie komplex das Thema werden kann zeigt sich daran, welche komplizierte Konstellationen sich im Lieferverkehr schlussendlich ergeben können.
Ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie lagern als deutscher Händler Ihre Waren in Polen, der Kunde wünscht aber einen Versand in die Niederlande. Zugleich nehmen Sie als Händler am paneuropäischen Versand und Verkauf über Amazon.co.uk teil, bei dem die Währung in britischen Pfund ausgewiesen wird. Gar nicht so einfach, oder? Wenn Sie an Gewerbekunden liefern müssen Sie außerdem noch weitere Dinge beachten.
Wichtig: Bei der Währungsumrechnung muss der Vortages- bzw. Tageswechselkurs der EZB genutzt werden.
Unterlagen für den Steuerberater richtig aufarbeiten
Als Amazon-Verkäufer stellt die korrekte Buchhaltung für Sie und auch für Ihren Steuerberater eine gewisse Herausforderung dar. Dies hängt mit der Verrechnung der Amazon-Gebühren und Ihren Erlösen zusammen. Somit wird Ihnen nur die Differenz als überwiesen. Der Abrechnungszeitraum beträgt 2 Wochen. Ihre Geschäftsvorfälle innerhalb der Abrechnungsperiode müssen vollständig und exakt ermittelt werden, damit eine korrekte Buchführung gesichert ist.
Händisch ist eine solche Aufarbeitung schwer möglich. Daher sollten Sie auf geeignete Tools, wie beispielsweise Amainvoice oder Billbee zurückgreifen. Wichtig ist die vollständige Auflistung und Sammlung aller relevanten Belege. Ihre ermittelte Umsatzsteuer muss verbindlich betrachtet und an Ihr zuständiges Finanzamt abgeführt werden. Ebenso ist der Auszahlungsbetrag nach Umsatz- bzw. Kostenart aufzuschlüsseln.
Wichtig:
Falls Sie als Händler zudem in einem weiteren EU-Land umsatzsteuerpflichtig geworden sind, so müssen Sie noch eine Übersicht über alle Rechnungen, Stornierungen und Lieferungen inkl. Ausweis von Nettoerlös und Umsatzsteuerbetrag je Lieferschwellenland vorlegen.
Abgabe der Umsatzsteuer-Meldungen und Umsatzsteuerzahlung
Es ist selbstverständlich, dass Sie Umsatzsteuervoranmeldungen und Erklärungen abgeben. Mit ins Abgabepaket gehören:
- Auflistung aller Rechnungen und Stornierungen
- monatliche Zusammenfassung der Rechnungen und Stornos, unterteilt nach Land, Umsatzsteuerlast (pro Land) und Landeswährung
- monatliche Meldeliste pro EU-Land mit ausgewiesener Umsatzsteuer in Landeshöhe und in allen Landeswährungen
Die Meldetermine dafür sind von Land zu Land unterschiedlich. Hier empfiehlt es sich, dass Sie diese Dinge mit Ihrem steuerlichen Berater abstimmen.
Was ist noch entscheidend ? Sonstige Nachweise und Meldungen
Es können bestimmte Meldepflichten und auch die Archivierungspflicht von Belegen und anderen Nachweisen anliegen. Aufgrund grenzüberschreitender Verbringung fordert jedes Land eine zusammenfassende Meldung (ZM) über Warenbewegungen. Für Ihre Buchführung ist es wichtig zu wissen, wann und wohin Ihre Ware ging. Dafür gibt es passende Tools, die Ihnen auch diese Arbeit enorm erleichtern. Diese Auswertung per Tool legen Sie dann Ihrem Steuerberater vor. Dieser wird die Meldungen an die entsprechenden Länder vornehmen. Vergessen Sie nicht in den Ländern, in denen Sie umsatzsteuerpflichtig geworden sind, eine Umsatzsteuer-ID zu beantragen. Damit beugen Sie Umsatzsteuerschulden vor.
Intrastat-Meldungen
Wenn das Volumen der Warenlieferungen aus Verkäufen in EU-Länder bestimmte Grenzen überschreitet, müssen Sie monatlich eine Intrastat Meldung abgeben. Die Aufforderung dazu kann aus jedem EU-Land kommen. Ihre Schwellenwerte zur Abgabepflicht einer solchen Intrastat Meldung müssten allerdings sehr hoch sein. Das heißt, es muss eine hohe Anzahl an Verkäufen innerhalb der EU-Länder erfolgt sein.
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